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Bedeutung und Elemente der Eucharistie

Betrachtungen

Das Gotteslob verfügt über eine große Auswahl Lieder, die von der Eucharistie erzählen (z.B. GL Nr. 209 - 216, 492 - 498).

Das Geschenk der Eucharistie

Wir können dem Herrn nie genug danken für das Geschenk, das er uns mit der Eucharistie gemacht hat! Es ist ein sehr großes Geschenk, und daher ist es so wichtig, sonntags zur Messe zu gehen – zur Messe zu gehen, nicht nur, um zu beten, sondern um die Kommunion zu empfangen,

dieses Brot, das der Leib Christi ist, der uns rettet, uns vergibt, uns mit dem Vater vereint. Es ist schön, das zu tun! Und wir gehen jeden Sonntag zur Messe, weil es der Tag der Auferstehung des Herrn ist. Daher ist der Sonntag für uns so wichtig.

Quelle: Papst Franziskus: Die Eucharistie. Das Geschenk Christi, St. Benno Verlag, S. 12.

Einführung in Leidensweg und Kreuzigung Christi

Das Markusevangelium ist das früheste und zugleich das kürzeste der vier neutestamentlichen Evangelien. Schon der erste Satz des Schreibens ist darum bemüht, die Leser von Beginn an mit dem Inhalt des Evangeliums vertraut zu machen: »Anfang des Evangeliums Jesu Christi, (des Sohnes Gottes)« (Mk 1,1). Das Markusevangelium wurde um 70 n. Chr. – also etwa 40 Jahre nach Jesu Tod – verfasst und diente sowohl dem Matthäus- als auch dem Lukasevangelium als Vorlage.

Über die näheren Umstände der Entstehung und über den Verfasser des Markusevangeliums wissen wir kaum etwas, denn die Autoren haben die Evangelien nicht unter ihrem Namen veröffentlicht. Rudolf Pesch sieht diese Zurückhaltung auch in der Besonderheit der Evangelien begründet: »Dass ein Evangelist sein Werk anonym publiziert, ist nicht in dessen Charakter selbst begründet: es ist das Evangelium von Jesus Christus, das überliefert ist und nicht einfach schriftstellerisch produziert wird.«1

Deutlich auszumachen ist die Intention des Verfassers: Er hat wahrgenommen, dass sich die von vielen gehegte Erwartung der baldigen Wiederkunft Jesu nicht erfüllen würde. Er war deshalb darum bemüht, die Erinnerungen an Jesu Wirken zusammenzuführen, seine Weisungen und seine Lehre zu sammeln und zu ordnen, um sie auch an die kommenden Generationen weitergeben zu können. Schließlich sind viele von denen, die noch mit Jesus in Galiläa und Judäa unterwegs gewesen sind und sein öffentliches Wirken miterlebt hatten, bereits gestorben.

Es war deshalb dringend notwendig, die noch vorhandenen Traditionen zu ordnen, zu sichten und möglichst in einer Schrift zusammenzufassen. Joachim Gnilka weist in diesem Zusammenhang noch auf einen weiteren möglichen Umstand hin: »Mit ein Anstoß der Niederschrift kann der Tod des Petrus gewesen sein …, als Alarmzeichen dafür, dass die in den Gemeinden vorhandenen Jesusüberlieferungen bewahrt werden müssen.«2

Als Jesus 40 Jahre zuvor mit seinen Jüngern durch Galiläa gezogen ist, bedurfte es noch keines Buches, um seinen Weg und seine Weisung bekannt zu machen. Denn er selbst verkörperte für die Gemeinschaft der Jünger das Evangelium, und er war für sie auch der entscheidende Ausleger: Er erschloss ihnen die Schrift als Stimme des göttlichen Erbarmens, er öffnete ihnen die Augen für Gottes Handeln in der Welt und sandte sie aus zur Mission in die umliegenden Städte und Dörfer.

Sie sollten verkünden, dass Gottes Herrschaft sichtbar und erfahrbar im Kommen sei und dass sie die Menschen aufrichten werde. Heilungen und besondere Zeichen begleiteten sein Tun und zogen viele an. Er vermittelte Kranken neue Hoffnung, richtete Mutlose auf und sprach den Kleinen, Armen und Hilflosen das Erbarmen Gottes zu. Mit spektakulären Zeichen, die manche von ihm erwarteten, hielt er sich offenbar eher zurück, damit Vordergründiges nicht den Blick auf das Eigentliche verstellte.

Deshalb weist Markus – vierzig Jahre danach! – seine Leser darauf hin, dass Jesus seinerzeit nicht nur in Galiläa missionieren wollte, sondern immer auch vor Augen hatte, bis hinauf nach Jerusalem zu ziehen. Stufenweise konkretisierte er diese Vorstellung, und Jerusalem wurde für ihn zum zentralen Ziel der Verkündigung. Als auch seine Jünger mehr und mehr zur Erkenntnis gekommen waren, dass Jesus der Messias sei, ging er noch weiter und führte sie immer tiefer in das Geheimnis des leidenden Menschensohnes ein (Mk 8,27; 10,52).

Denn im Tod und in der Auferstehung wird das wahre Wesen Jesu vor aller Welt offenbar. Diese stufenweise Offenbarung soll nicht nur die Geschehnisse jener Zeit in Erinnerung rufen, da Jesus noch mit seinen Jüngern in Galiläa und Judäa unterwegs gewesen ist und das Kommen des Reiches Gottes verkündet hat. Sie ist für den Evangelisten darüber hinaus ein theologisches Mittel, auch die, die sich vierzig Jahre danach mit ihm auf den Weg nach Jerusalem machen, zu tieferer Erkenntnis des Erbarmens Gottes zu führen.

Zum Ansatzpunkt wird für den Evangelisten dabei die Gegenwartserfahrung seiner Gemeinden, die aus ihrer Perspektive auf die Person, den Weg und die Verkündigung Jesu nur noch zurückschauen können. Gerade mit dieser Rückschau aber eröffnet er sich ihnen immer neu durch die Evangelienschrift als der in seiner Gemeinde gegenwärtige Herr.

Aus dieser Perspektive ist auch die Passionsgeschichte zu sehen: Sie erzählt nicht nur von dem, was damals in Jerusalem geschehen ist, sondern eröffnet den heutigen Lesern in der Rückschau dieses Geschehen zugleich als Lebensweg. So wird denen, die nach Jesus suchen, auch heute noch der Weg in seine Nachfolge eröffnet. Zwar bedeutete Jesu Tod für die Jüngerinnen und Jünger eine tiefgreifende Zäsur, ihre bleibende Orientierung an Jesus wurde damit aber nicht ausgelöscht. Deshalb sind sie auch schon bald nach seinem Tod aufgebrochen, haben in seinem Namen das Kommen des Reiches Gottes verkündet und überall kundgemacht, dass Gottes Herrschaft nahe gekommen sei und die Menschen sie jetzt schon ergreifen und sich ihr anvertrauen können.

Das Markusevangelium ist dabei freilich nicht nur vom Gedanken des Reiches Gottes, sondern ebenso deutlich von der Passion Jesu geprägt. Man hat immer wieder darauf verwiesen, dass dieses Markusevangelium nicht ein Evangelium wie die anderen drei wäre, sondern eigentlich eine »Passionsgeschichte mit ausführlicher Einleitung«.

Dies ist ohne Zweifel der Fall: Markus will die Menschen nicht nur formal über die Passion informieren, sondern sie auch auf einem Weg mitnehmen, der sie immer tiefer an die auch vom Leiden gezeichnete Nachfolge Jesu heranführt. Dieser Weg aber hat für Markus nicht erst in Jerusalem, sondern schon mit dem Aufbruch in Galiläa begonnen (vgl. Mk 1,14; 3,6).

Denn Markus sieht in Jesus von Anfang an den Sohn Gottes, der mit Blick auf den Vater gehorsam den ihm zugewiesenen Weg geht. Es ist für die, die sich an Jesus und sein Wort halten, darum entscheidend, dass sie ihm auch mit ihren Möglichkeiten auf diesem Weg folgen. Deshalb ist die Passionsgeschichte ein unverzichtbarer und theologisch zentraler Bestandteil aller kanonischen Evangelien. Auf sie läuft die Geschichte Jesu hinaus, von ihr aus ist sie insgesamt zu verstehen. So wird die Passionsgeschichte zu einer Art Basiserzählung der frühen Kirche. Mit besonderer Deutlichkeit kommt dies in der Markuspassion zum Ausdruck.

Markus legt von Anfang an besonderes Gewicht auf die Passionsgeschichte, weil sich Gott den Menschen gerade im Leiden, im Sterben und in der Auferstehung Jesu als der sich den Menschen Erbarmende eröffnet. Der Evangelist sucht dabei besonders den Lesern ein geistliches Mitgehen jenes Weges zu eröffnen, den Jesus zu den Menschen geht: Er beginnt in Peräa nahe der Wüste am Toten Meer, dort, wo Johannes taufte und auch Jesus von ihm getauft wurde (Mk 1,1-13).

Er führt in die weitreichenden missionarischen Bemühungen in Galiläa, bei denen manche geradezu vom »galiläischen Frühling«des Wirkens Jesu sprechen (Mk 1,14-8,26). Nach der Mission in Galiläa bricht Jesus in Richtung Jerusalem auf. Ein bedeutsamer Ort, an dem sich bereits deutlich zeigt, was in Jerusalem geschehen wird, ist Cäsarea Philippi.

Es ist zugleich der Ort, an dem Petrus noch mit einem großen Bekenntnis die Treue der Jünger zu Jesus zum Ausdruck bringt, Jesus aber bereits hintergründig auf den Verrat des Petrus verweist (Mk 8,27-10,52). Dies alles wird dann durch die Ankunft in Jerusalem und die Geschehnisse in dieser Stadt noch verdichtet (Mk 11,1- 13,37) und geht schließlich zur eigentlichen Passionsgeschichte über (Mk 14,1-16,8).

Indem man das Markusevangelium als eine Passionsgeschichte mit ausführlicher Einleitung bezeichnete, wollte man zeigen, dass diese erste Evangelienschrift nachdrücklich vom Gedanken der Passion geleitet ist und der Passionsgedanke von Anfang immer neu in Erscheinung tritt und das Schreiben insgesamt theologisch bestimmt.

Die folgende Übersicht weist auf den stufenweisen Ablauf der Geschehnisse hin und führt von der Jordanmündung nach Galiläa, von Galiläa nach Cäsarea Philippi und dann nach Jerusalem. Das entscheidende Gewicht liegt dabei auf der Passionsgeschichte, der dann ausführlicher nachgegangen werden soll.

Es beginnt in Peräa am Toten Meer, wo Johannes tauft. Dort wird auch Jesus von Johannes getauft, danach bricht er auf zur Verkündigung in Galiläa. (Mk 1,1-13)

Nachdem Johannes ausgeliefert ist, kommt Jesus nach Galiläa und verkündigt das Evangelium Gottes: »Erfüllt ist die Zeit und nahegekommen ist die Herrschaft Gottes. Kehrt um und glaubt an das Evangelium.« (Mk 1,14-8,26)

Jesu Weg zum Leiden und das Messiasbekenntnis des Petrus Die Ankündigung des Leidens und der Auferstehung Die Zurückweisung des Petrus: Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Du hast nicht Gott im Sinn, sondern die Sache der Menschen. (Mk 8,27-10,52)

Das Kommen Jesu nach Jerusalem Der Einzug, die Tempelreinigung und der Todesbeschluss des Synhedriums »Siehe, dein König kommt zu dir.« Arm ist er und demütig und sitzt auf einem Esel. (Mk 11,1-13,37)

Die Passionsgeschichte wird bei Markus zum Höhepunkt des Weges Jesu. Das letzte Mahl, Getsemani, der Prozess vor Pilatus, der Leidensweg, die Verspottung, das Kreuz, der Tod, die hintergründige Anzeige der Auferstehung (Mk 14,1-16,8)

I. Peräa – Anfang des Evangeliums Jesu Christi (Mk 1,1-13)

An den Beginn seines Evangeliums stellt Markus einen »Prolog«, der die Leser »schrittweise«mit dem »Anfang des Evangeliums«vertraut machen soll. Die Eingangssätze sind deshalb darum bemüht, die Leser so anzusprechen, dass sie das Evangelium nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern als Weisung für ihren eigenen geistlichen Weg aufnehmen. Sie sind aufgefordert, nicht nur Beobachter zu sein, sondern Stellung zu beziehen und sich auf das einzulassen, was diese Botschaft über die Zeiten hin zu sagen hat.

»Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes. Es begann, wie es beim Propheten Jesaja steht: Ich sende meinen Boten vor dir her; er soll den Weg für dich bahnen. Eine Stimme ruft in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg. Ebnet ihm die Straßen!« (Mk 1,1-3)

Der Beginn des Wirkens Jesu ist eng mit dem Auftreten des Täufers verbunden, was dem Anfang in Peräa ein besonderes theologisches Gewicht gibt. Denn Johannes der Täufer, der im Markusevangelium auch als »rufende Stimme in der Wüste« beschrieben wird, mahnt Israel zur Umkehr und drängt auf einen entschiedenen Neuanfang der Menschen auf Gott hin.

Johannes geht dabei mit seiner Botschaft nicht in die großen Städte, sondern predigt und tauft in Peräa am Rande der Wüste. Das Geschehen in den Städten ist seiner Meinung nach offenbar von Sittenlosigkeit und Unglauben bestimmt. Zudem sind in den großen Städten die Garnisonen des römischen Militärs, die fremden Beamten und andere, die sich dort angesiedelt haben, aber für Israels Gottesverehrung kein Verständnis haben.

Johannes predigt und tauft deshalb auch nicht an irgendeinem herausgehobenen Ort oder in den großen Städten, sondern in Peräa, in jenem schon von der Wüste bestimmten Gebiet, wo der Jordan ins Tote Meer mündet. Die Menschen kamen zu ihm hinaus, bekannten ihre Sünden und ließen sich von ihm taufen. Trotz seiner massiven Kritik am Verhalten vieler Menschen in Israel hatte er großen Zulauf, da viele in ihm einen Propheten sahen, an dessen Botschaft man trotz der Schärfe seiner Forderung nicht vorbeigehen konnte.

Johannes mahnt ein radikales Umdenken in Israel an, das die Menschen wieder auf den Gott des Bundes ausrichten soll. Er verweist auf den »Kommenden«, der stärker sei als er und von dem dann auch wirklich Heil und Leben kommen werden. Auch wenn er den »Kommenden«nicht näher beschreibt, so ist doch deutlich, dass er mit dieser Beschreibung entweder Gott selbst oder eine große prophetische Gestalt vor Augen hat. Eindringlich stellt Johannes mit einem Vergleich heraus, was der »Kommende« für die Menschen bedeutet:
»Ich habe euch nur mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.« (Mk 1,8)

So eröffnet das Markusevangelium einen Horizont, der denen, die den Gott Israels suchen, Wege des Lebens und der Gottesnähe eröffnen soll. Denn es gibt für Johannes keinen Zweifel, dass nach ihm der kommt, dessen Zuwendung die Ankündigungen des Täufers noch übersteigt und mit der »Feuertaufe«die »Wassertaufe« des Johannes vollenden wird. Noch ist freilich die Ankündigung des Kommenden offen – doch die Botschaft des Johannes lässt die Menschen bereits Ausschau halten nach dem Größeren, dessen Kommen der Täufer ihnen verheißen hat. Schon dieses Bemühen vermittelt trotz der noch misslichen Lage Hoffnung. Nachdem aber Johannes verhaftet worden ist und er in der Öffentlichkeit keine Stimme mehr hat, erscheint mit Jesus der Kommende, den Johannes angekündigt hat, und verkündigt das Evangelium Gottes:
»Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!« (Mk 1,15)

Anmerkungen:

1 Rudolf Pesch, Das Markusevangelium I, Herder, Freiburg – Basel – Wien 1980, S. 4

2 Joachim Gnilka, Das Evangelium nach Markus I (EKK), Benziger Verlag, Zürich und Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn 1980, S. 36

Quelle: Claus-Peter März: Die Passion Christi. Wege, Zeiten, Hintergründe, St. Benno Verlag 2014, S. 7ff.

Liturgie ist kein Selbstzweck

Auf den Punkt gebracht: Liturgie ist kein Selbstzweck. Liturgie steht im Dienst der persönlichen und gemeinsamen Beziehung zum Kyrios. Der Geist Gottes, der Geist, »der am Anfang der Kirche gewirkt hat«, bewegt – damals wie heute – nicht dazu, Liturgie zu feiern, sondern dazu, miteinander, auch in liturgischer Weise, bei Gott und seinem Jesus zu sein. Wo die Liturgie als Liturgie wichtig wird, ist ein anderer Geist am Werke. Auch die Konzilsväter dachten so. Als sie mit ihrem ersten, schon 1963 veröffentlichten Konzilstext die Liturgiereform einleiteten, beabsichtigten sie nicht bloße Veränderungen am Ritus.

Es ging ihnen vor allem um den inneren geistlichen Mitvollzug dessen, was sich in den Riten ausdrückt. Wiederholt, nicht weniger als dreizehn Mal, ist in diesem Dokument, der Liturgiekonstitution, von der »participatio actuosa« die Rede, von der »bewussten und tätigen Teilnahme« aller Gläubigen am Gottesdienst. Und damit war nicht gemeint – das hat uns einer der damaligen Konzilstheologen, Joseph Ratzinger, in Erinnerung gebracht –, dass fortan »möglichst viele möglichst oft für alle sichtbar in Aktion treten müssten«; das große Missverständnis vielerorts!

Die »wirkliche liturgische Aktion« sei vielmehr »die oratio«, das Beten, die »lebendige Begegnung mit Gott«. Sonst gehe es, so Ratzinger in seinem Buch Der Geist der Liturgie (1999), »letztlich nicht mehr um Gott«; der Gottesdienst wird dann »wirklich zu leerer Spielerei«, ja »schlimmer noch: zu einem Abfall vom lebendigen Gott, der sich unter einer sakralen Decke tarnt«, und es »bleibt am Ende … die Frustration, das Gefühl der Leere.«

Winfried Haunerland, katholischer Professor für Liturgiewissenschaft, betont, der Begriff participatio actuosa sei geradezu das »Programmwort« der liturgischen Erneuerung gewesen, und zwar nicht erst während des Konzils, sondern bereits in der liturgischen Bewegung seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Bei diesem Programmwort, so auch der Liturgiewissenschaftler, »zielt alles auf eine geistlich fruchtbare Mitfeier, die von der Frömmigkeit bestimmt ist und diese stärkt. Formale Richtigkeit und Genauigkeit der Teilnahme genügen dem Konzil nicht.«

Geistlich fruchtbare Mitfeier der Eucharistie: Genau darum, denke ich, muss es uns gehen, vorrangig gehen, gerade heute – denn damit steht und fällt die Authentizität der Kirche. Das betrifft die katholische heilige Messe wie natürlich auch die Abendmahlsgottesdienste in den anderen christlichen Konfessionen.

Der einzelne Christ kann – und muss, immer wieder neu – seinen Glauben im persönlichen geistlichen Leben erneuern; die Kirche, die Gemeinschaft der Christen, erneuert sich nur im gemeinsamen – aber wiederum je ganz persönlich mitvollzogenen – Kyrios-Mahl. Und allein kann keiner Christ sein. Weil zum Kyrios Christus keiner nur allein gehört. Im Übrigen auch keine Konfession nur allein. Vom Kyrios Jesus Christus her gesehen, sind wir die kyriakè ekklesía. Immer. Das garantiert seine Treue.

Von unserer Seite her können wir es werden. In unseren Kyrios-Mahl-Feiern liegt die Chance, dass wir es werden, auch heute – ein bisschen mehr wenigstens, ein bisschen glaubwürdiger, als wir es derzeit sind. »Kirche«, so Maria Widl, die heutige Inhaberin des Lehrstuhls für Pastoraltheologie in Erfurt, »gilt es immer wieder neu zu gründen.« Auch Kirche – kyriakè ekklesía – ist ein Programmwort.

Quelle: Reinhard Körner: Ich bin bei euch … Im Abendmahl Jesu zur Kirche werden, St. Benno Verlag 2011, S. 14ff.

 

Göttliche Kommunikation

Manche Texte der Heiligen Schrift über die Eucharistie machen eine Annäherung an dieses große und unfassbare Geheimnis auf den ersten Blick nicht gerade einfach … Eigenartig, geradezu peinlich kann es beispielsweise anmuten, wie der Glaube im Hebräerbrief massiv mit dem Begriff »Blut« in Verbindung gebracht wird: »Christus aber ist gekommen als Hoherpriester der künftigen Güter, und durch das erhabenere und vollkommenere Zelt, das nicht von Menschenhand gemacht, das heißt nicht von dieser Welt ist, ist er ein für allemal in das Heiligtum hineingegangen, nicht mit dem Blut von Böcken und jungen Stieren, sondern mit seinem eigenen Blut, und so hat er eine ewige Erlösung bewirkt. Denn wenn schon das Blut von Böcken und Stieren und die Asche einer Kuh die Unreinen, die damit besprengt werden, so heiligt, dass sie leiblich rein werden, wieviel mehr wird das Blut Christi, der sich selbst kraft ewigen Geistes Gott als makelloses Opfer dargebracht hat, unser Gewissen von toten Werken reinigen, damit wir dem lebendigen Gott dienen.

Und darum ist er der Mittler eines neuen Bundes; sein Tod hat die Erlösung von den im ersten Bund begangenen Übertretungen bewirkt, damit die Berufenen das verheißene ewige Erbe erhalten« (Hebr 9,11-15). Vor einiger Zeit hat ein Berliner Philosophieprofessor in einer renommierten deutschen Wochenzeitung dem Christentum unter anderem vorgeworfen, mit seinen blutigen Vorstellungen und Bildern manche Grausamkeiten der Weltgeschichte geistig vorbereitet zu haben. Wenn diese Behauptung auch absurd erscheint, so stellt sich uns und anderen doch die Frage: Was bedeutet es, wenn wir den Leib und – wie im Hebräerbrief hervorgehoben wird – das Blut Christi feiern? Müssen wir uns dessen schämen? Oder gehört der Begriff »Blut« nicht auch zutiefst in unsere moderne Erfahrungswelt?

Wofür steht er? Was verbindet sich mit ihm? Wir können unsere Welt schönreden, so viel wir wollen, es geht in ihr nach wie vor blutig zu, manchmal sogar bestialisch. Und so steht »Blut« zunächst einmal für Schmerzen, Leid, Unmenschlichkeit und Tod. Wie oft wird es blutiger Ernst: lässt man Kinder nicht das Licht der Welt erblicken, saugt jemandem die Lebenskraft aus, schlägt jemand anderem den Schädel ein oder beseitigt ihn anderweitig? Wie oft verbluten Menschen und verlieren damit ihr Leben? Und das alles nicht nur irgendwo im Krieg, sondern auch inmitten angeblich zivilisierter Gesellschaften. Wenn Blut vergossen wird oder verströmt, geht es um Leben und Tod. Und so halten wir Christen auch die Erinnerung an den gewaltsamen Tod Jesu Christi am Kreuz wach.

Wir haben uns ihn nicht ausgedacht. Er war das unsinnige Werk verblendeter Menschen – Mahnung für alle Zeiten – und doch – so glauben wir – nicht ohne Heilsbedeutung für uns. In der Religionsgeschichte der Menschheit kommt dem Blut von Tieren bis in unsere Zeit hinein immer wieder eine große Bedeutung zu. In manchen Kulturen wurden auch Menschen geopfert. Solches Opferblut sollte zornige Götter besänftigen und Menschen stärken, heilen, reinigen, versöhnen oder vor künftigen Gefahren behüten. Auch im Judentum was es üblich, Tiere zu opfern. Am Sinai wurde der Bund mit Gott dadurch besiegelt, dass Mose den Altar und das ganze Volk mit Blut besprengte.

Beide Kontrahenten waren nun gleichsam Blutsverwandte und innig miteinander verbunden. Und im Tempel zu Jerusalem wurde der Opferkult jährlich fortgesetzt. Auch Jesus knüpfte beim letzten Abendmahl an diese Symbolik an: »Das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird.« Und auch die ersten Christen deuteten Jesu Tod nach dem Muster des Opfers: Durch sein ganzes Leben, besonders aber durch die freiwillige Selbsthingabe am Kreuz, hat Christus die gefallenen Menschen wieder mit Gott versöhnt, die durch die Sünde gestörte Ordnung wiederhergestellt und uns die Möglichkeit eröffnet, aufs Neuemit Gott in eine innige Lebensgemeinschaft zu treten.

In Christi Blut ist ein neuer und ewiger Bund gestiftet worden. Damit ist kein Opfer mehr nötig, und wir brauchen auch keine »Sündenböcke« mehr. Christus durchbricht dieses archaische System und hebt es auf. Und so steht Blut für uns als ein Zeichen des Lebensopfers Christi und unserer ein für allemal erfolgten Versöhnung mit Gott. Blut ist flüssiges Leben, und Leben ist nur in Verbindung mit strömendem Blut möglich. Wie lebenswichtig sind doch Menschen, die Blut spenden, und Blutübertragungen für in Not Geratene. In der Eucharistie wird deutlich, wer unser Lebensquell, Ernährer und Retter ist. In den Gestalten von Brot und Wein tritt er ganz konkret und sinnlich in unser Leben und will uns zur Speise und zum Trank werden. Wir glauben, dass sich hierin die ganze Lebenshingabe Jesu verdichtet. Hier ist Christus wirklich gegenwärtig und schenkt uns die Möglichkeit, an seinem Leib und Blut teilzuhaben.

Auch wenn wir nur das Brot empfangen oder nur aus dem Kelch trinken, werden wir doch voll und ganz mit Christus und seinem Opfer verbunden. Zugleich bewirkt das eucharistische Mahl aber auch Gemeinschaft untereinander. So wie Christus sein Blut vergießt und sein Leben mit uns teilt, sollen auch wir unser Leben miteinander teilen und uns zum Segen werden. Blut – das kann an Tod und Opfer erinnern; für uns ist dieser Begriff aber letztlich mit Leben, Hoffnung und Heil verbunden. Und so begleitet uns das Sakrament des Leibes und Blutes Christi auf dem Weg durch die Zeit.

Nur in der Kraft dieser Speise und dieses Trankes wird es uns gelingen, Christus lebendig zu bezeugen und ihm unbeirrt nachzufolgen, »bis er kommt in Herrlichkeit«. Ausdruck dafür, dass die Eucharistie Quelle und Gipfel unseres Christseins ist, soll auch der Altartisch sein. Wie groß die Bedeutung des Altars ist, wird besonders deutlich, wenn er fehlt. In meiner Heimatstadt wurde Anfang der 70er Jahre eine gotische Kirche in eine Konzerthalle umfunktioniert. Eine der ersten Aktionen war dabei, den Altar zu entfernen. Die Kirche ist ein wunderschöner Raum geblieben und erfreut mit ihren Veranstaltungen viele – und doch fehlt etwas: Die Mitte scheint ihr genommen zu sein.

In katholischen und orthodoxen Gottesdiensten wird der Altar mit einem Kuss begrüßt, und mit einem Kuss nimmt man zum Schluss wieder Abschied. In der westsyrischen Tradition betet der Priester dazu sogar ein rührendes Gebet von hoher poetischer Schönheit: »Verbleibe im Frieden, heiliger und göttlicher Altar des Herrn. Ich weiß nicht, ob ich zu dir noch einmal zurückkehren werde oder nicht. Möge der Herr mir gewähren, dich zu sehen in der Kirche des Erstgeborenen im Himmel. Auf diesen Bund setze ich mein Vertrauen.« Man umschreitet den Altar und verehrt ihn mit Weihrauch.

Nicht jeder darf in seine Nähe. in den orthodoxen Kirchen ist er hinter einer Bilderwand zumeist verborgen. In vielen Kulturen gewährt die Berührung eines Altars Asylrecht und verstärkt die Kraft des dabei geleisteten Eides. Worin liegt nun die besondere Bedeutung des Altars für die Kirche? Befragt man das Wort zunächst selbst, so weist seine lateinische Herkunft auf die Begriffe »brennen« und »verbrennen«. Sowohl in heidnischen Religionen als auch im Volke Israel gab es Opferaltäre. Nachdem solche Opferkultpraktiken mit dem Kreuzestod Jesu Christi ihren Sinn verloren haben, sehen Christen im Altar den Ort der Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers, ja ein Symbol für Christus selbst. Wenn im Neuen Testament Christus als der Felsen (1 Kor 10,4), der Eckstein (1 Petr 2,7 f), der Schlussstein (Eph 2,20) und der lebendige Stein (1 Petr 2,4) bezeichnet wird, so verstärkt das noch diese Gleichsetzung.

Der christliche Altar steht für uns nicht mehr in der heidnischjüdischen Tradition, er ist vielmehr ein Zeichen ihrer Überbietung, ein Hinweis auf die einmalige Erlösungstat Jesu Christi, ja ein Symbol für ihn selbst. Bis zum 4. und 5. Jahrhundert versammelten sich die Christen jedoch nicht um einen steinernen Altar, sondern um einen beweglichen Tisch. Man war sogar stolz darauf, im Unterschied zu den heidnischen Religionen keine Tempel, Altäre oder Götterbilder zu besitzen. Der Tisch erinnerte an das letzte Abendmahl Christi, wo Brot und Wein darauf standen. Er ließ aber auch an Emmaus denken, wo die Jünger beim Brotbrechen den auferstandenen Herrn erkannten. Nun legte man darauf das eine Brot, an dem viele Anteil haben und dadurch ein Leib werden sollten (vgl. 1 Kor 10,17).

Wie das eine Brot wurde auch der eine Tisch zum Zeichen der Einheit der Kirche. Daher ist auch die Grundform des christlichen Altares die Tischform, und die liturgische Erneuerung im letzten Jahrhundert hat dies wieder ins Bewusstsein gebracht. Der Altartisch ist ein Ort göttlicher Kommunikation. Wir sind eingeladen, uns um diesen Tisch zu versammeln und Mahl zu halten. Christus reicht uns seinen Leib und sein Blut, stärkt uns dadurch, verbindet uns mit sich und untereinander und baut somit seinen Leib, die Kirche, auf. Der Altartisch ist ein Ausdruck dessen, woraus wir leben. Er erinnert permanent an die Einladung und den Auftrag Christi: »Nehmt und esst! Nehmt und trinkt! Tut dies zu meinem Gedächtnis!« Durch die Feier der Eucharistie bekommt der Altar aber noch eine andere Bedeutung: Er wird zum Thron, der Christus mit Leib und Blut aufnimmt, zum Thron des Heiligen Geistes, der dieses Wunder vollbringt. Als leerer Thron ist er aber auch ein Ausdruck unserer Hoffnung auf die Wiederkunft Christi und das himmlische Hochzeitsmahl, das uns am Ende der Zeiten bereitet ist. Wir haben kein Götterbild, wohl aber diesen Hinweis nach oben, diese »Pforte des Himmels«.

Dr. Gerhard Feige

Quelle: Katholischer Taschenkalender 2014, St. Benno Verlag 2013, S. 138–142.