Heranführung an den Glauben

Texte zur Inspiration & Orientierung für Jugendliche

Das Gotteslob bietet einige stimmungsvolle Lieder mit passenden Texten für die Suche nach Gott (z.B. GL Nr. 145, 442, 447,2, 457, 616,1, 639,6).

»Die Suche beginnt ...« Einleitung des Buchs »Auf der Suche nach Gott« von Guido Erbrich

Die Suche nach Gott ist ein Abenteuer, für das du eine Menge wichtiger Dinge brauchst: Schatzkarte, Wanderschuhe, Kompass und verlässliche Freunde. Ist dir klar, dass dieses Abenteuer längst begonnen hat? Mit dem ersten Fragen, warum du lebst, wieso es Geburt und Tod gibt und was es mit dem ganzen Weltall auf sich hat, bist du auf der Suche nach Gott. Natürlich kann dir niemand vorschreiben, wo du ihn finden kannst, ja, nicht einmal, ob du an ihn glauben möchtest oder nicht.

Die Suche nach Gott gleicht einer Schatzsuche. Und dieses Bild findest du schon in der Bibel: Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm sie zerstören und wo Diebe einbrechen und sie stehlen, sondern sammelt euch Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Wurm sie zerstören und keine Diebe einbrechen und sie stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. (Mt 6,19–21) Wer glaubt, um Christus nachzufolgen, reicht ein Platz im Sessel und der sonntägliche Besuch eines Gottesdienstes, täuscht sich. Die Suche nach Gott ist eine anstrengende Angelegenheit – und wie bei jedem Abenteuer ist der Ausgang ungewiss.

Das Buch möchte Wegbegleiter sein. Du findest darin viele Tipps von Menschen, die sich auf dieses Abenteuer eingelassen haben, du findest Wegbeschreibungen und Erfahrungsberichte aus der Bibel. Von Frust und Trost, von Glauben und Zweifel wird die Rede sein.

In jedem Kapitel sind Geschichten, Gebete, Zitate, Psalmen und ein Segen zu entdecken. Es ist kein Buch, das du von vorn bis hinten durchlesen musst. Blättere darin herum, stöbere und such das Thema, das du brauchst.

Zum Abenteuer gehört manchmal auch das Unverständnis der anderen, die dich zurückhalten wollen oder dich müde belächeln. Wenn du willst, nimm Freunde mit. Such dir deinen Weg und überwinde Widerstände. (...) Aber losgehen musst du selbst!

PS: Ach so, wo du ihn findest? Lass dich überraschen!

Quelle: Guido Erbrich: Auf der Suche nach Gott: Das neue Jugendgebetbuch, St. Benno Verlag 2013, S. 8.

Sehnsucht (Chassidische Geschichte)

Vor vielen hundert Jahren lebte in Krakau ein armer Jude. Eines Nachts träumte ihm, er solle nach Prag gehen. An der Brücke über der Moldau solle er graben, dann würde er einen Schatz finden. Und weil er es dreimal hintereinander träumte, packte er sein Bündel und wanderte los. In Prag angekommen, sah er sofort, dass es unmöglich war, hier zu graben.

Über die Brücke zogen Kaufleute mit ihren Waren, Bauern zogen ihre Karren darüber, und dazwischen liefen Frauen mit Körben und spielende Kinder. An den Brückentoren standen Soldaten, die dieses ganze Getümmel überwachten. Diesen fiel der arme Jude auf, wie er so Tag für Tag dastand und überlegte, wo er denn nun graben solle. »Was machst du hier«, fuhren sie ihn an, spionierst du oder bist du gar ein Dieb? Scher dich fort.« Da erzählte er seinen Traum.

Der Hauptmann lachte. »Seinen Träumen trauen, wo gibt’s denn so was. Ich träume schon wochenlang, ich solle nach Krakau wandern und unter dem Ofen eines armen Juden graben. Dort soll ein Schatz liegen.« Der arme Jude bedankte sich, wanderte schnurstracks zurück nach Krakau, grub unter seinem Ofen und fand den Schatz. Grabe nicht woanders. Grabe bei dir.

Suchende (von Antoine de Saint-Exupéry)

Wir sind Suchende – suchend nach einem Sinn. Lass uns hinter so vielen Schlagzeilen und Phrasen dein Wort finden.
Wir sind Hoffende – hoffend auf ein Zeichen. Lass uns zwischen den vielen bunten Alltagsbildern, Ampeln und Werbeplakaten deine Gegenwart spüren.
Wir sind Wissbegierige – wissen wollend von deiner Person und Macht. Lass uns begreifen, dass du ein Geheimnis bist und wir dich ein Leben lang suchen müssen.
Willst du ein Schiff bauen, so rufe nicht Menschen zusammen, um Pläne zu machen, Arbeit zu verteilen, Werkzeug zu holen und Holz zu schlagen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.

Aufbruch

Brich einfach auf.
Auch wenn es wieder 1000 gute Gründe zum Aufschieben gibt. Beginne den Weg Schritt für Schritt. Sei unterwegs mit Leib und Seele und mit ganzem Herzen.

Grenz dich nicht ein.
Auch wenn du glaubst, das Ziel rückt dadurch weiter weg. Habe Achtung vor Menschen, für die Schöpfung, für Gott und dich. Öffne dich, und der Weg wird dich verändern.

Triff ruhig Entscheidungen.
Es ist schwer, zu vielen Zielen zu folgen. Wäge ab und gib manches auf. Entscheide dich in Freiheit, und du erfährst Grenzenlosigkeit.

Teile deine Sehnsucht mit anderen.
Verfalle nicht in Routine. Lass dich nicht entmutigen. Gönne dir Pausen und frag auch mal nach dem Weg, und du wirst nicht allein bleiben.

Sammle auf dem Weg
alles, was dich stark und liebenswert macht. Sei großzügig mit deinen Talenten und Gaben. Mach anderen Mut zum Aufbruch. Bring Hoffnung in die Welt, und du wirst ankommen.

Drei Bauarbeiter waren dabei, Steine zu behauen, als ein Fremder zu ihnen trat und den ersten Arbeiter fragte: »Was tun Sie da?« »Sehen Sie das denn nicht?«, meinte der und sah nicht einmal auf. »Ich behaue Steine!« »Und was tun Sie da?«, fragte der Fremde den zweiten. Seufzend antwortete der: »Ich muss Geld verdienen, um für meine Familie Brot zu beschaffen. Meine Familie ist groß.« Der Fremde fragte auch den dritten: »Was tun Sie da?« Dieser blickte hinauf in die Höhe und antwortete leise und stolz: »Ich baue einen Dom.«

Niemand besitzt Gott so, dass er nicht mehr auf ihn warten müsste. Und doch kann niemand auf Gott warten, der nicht wüsste, dass Gott schon längst auf ihn gewartet hat. (Dietrich Bonhoeffer)

Quelle: Guido Erbrich: Zum Beispiel Wir: Das neue Jugendgebetbuch, St. Benno Verlag 2013, S. 18ff

Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lk 10,29–37)

Der Gesetzeslehrer sagte zu Jesus: Und wer ist mein Nächster? Darauf antwortete ihm Jesus: Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab und wurde von Räubern überfallen. Sie plünderten ihn aus und schlugen ihn nieder; dann gingen sie weg und ließen ihn halb tot liegen. Zufällig kam ein Priester denselben Weg herab; er sah ihn und ging weiter. Auch ein Levit kam zu der Stelle; er sah ihn und ging weiter. Dann kam ein Mann aus Samarien, der auf der Reise war. Als er ihn sah, hatte er Mitleid, ging zu ihm hin, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie.

Dann hob er ihn auf sein Reittier, brachte ihn zu einer Herberge und sorgte für ihn. Am andern Morgen holte er zwei Denare hervor, gab sie dem Wirt und sagte: Sorge für ihn, und wenn du mehr für ihn brauchst, werde ich es dir bezahlen, wenn ich wiederkomme. Was meinst du: Wer von diesen dreien hat sich als der Nächste dessen erwiesen, der von den Räubern überfallen wurde? Der Gesetzeslehrer antwortete: Der, der barmherzig an ihm gehandelt hat. Da sagte Jesus zu ihm: Dann geh und handle genauso!

Am Ziel

Zwei Mönche hörten, es gäbe einen Ort, wo Himmel und Erde sich berühren. Wer an diesen Ort gelange, finde alles Glück des Himmels und der Erde. Er brauche nur die Tür zu öffnen, die an diesem Orte stehe.

So machten sie sich auf den Weg, diesen Ort zu suchen. Sie wanderten durch Schluchten, über Berge, durchquerten Wüsten und durchschwammen Flüsse. Sie kamen durch Steppen und wanderten durch riesige Wälder. Sie wanderten wochen-, monate-, jahrelang und endlich schienen sie gefunden zu haben, was sie suchten.

Sie standen vor einer niedrigen Holztür, neigten ihre Köpfe und traten erwartungsvoll ein. Als sie aufschauten, fanden sie sich in der Klosterzelle wieder, die sie vor Jahren verlassen hatten.

Umwege

Ich mache mich auf, um die Mitte zu finden, das Ziel meines Lebens. Wenn ich es sehen kann, ist der Weg dahin gerade und leicht. Aber auf Umwege wird mein Schritt geführt.

Mein Gott, wie viele Biegungen liegen noch vor mir? Manchmal glaube ich, am Ziel zu sein. Dann wieder stehe ich fast am Anfang. Zögernd taste ich mich voran.

Ich erfahre: Jede Umkehr bringt mich dir näher, kein Schritt ist vergeblich vor dir. Ehe ich es verstehe, liegt die neue Spur für mein Leben vor mir.

Welche Tür

Ich darf nicht die Türe sein, durch die der Nächste geht, darf ihn nicht zu mir rufen, um ihn zu verpflichten, meine Wege zu gehen, meine Zugänge zu den seinen zu machen, von meinen Schlüsseln abhängig zu sein.

Wenn meine Tür Christus ist, kommt es darauf an, einem jeden Bruder zu helfen, dass er den Weg findet, auf dem er er selbst bleibt.

Dom Hélder Câmara

Als der brasilianische Bischof zum Erzbischof gewählt wurde, zog er nicht in den Bischofpalast, sondern in ein einfaches Wohngebiet. Er engagierte sich für die Menschenrechte und leistete offen Widerstand gegen die brasiliansche Militärdiktatur, »Wenn ich den Armen zu essen gebe, nennen sie mich einen Heiligen. Aber wenn ich frage, warum die Menschen nichts zu essen haben, nennen sie mich einen Kommunisten.« Ausdrücklich betont er die Verantwortung des Menschen für die Schöpfung Gottes. Zweimal wurde er für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.

Hörst du mir bitte einmal zu, Gott.

Ich möchte dich doch auch antworten hören. Wenn du schweigst, geht es mir wie allen, die nicht mehr mit dir reden. Höre mir doch zu, wenn ich schreie! Hör mir zu, wenn ich flüstere. Hör mir zu, wenn ich Wut habe. Hör mir zu, wenn ich bete. Nein, ich möchte niemand werden, der ja sagt und nein denkt. Nein, ich möchte kein falsches Leben führen und den Kontakt zu dir abbrechen.

So wie die, die von dir nichts mehr wissen wollen. Und keine Augen für deine Werke haben. Ich will dir danken, Gott, und ich will glauben, dass du mich hörst. Du stärkst mir den Rücken, meine Seele ist sicher in deiner Hand. Du machst mich glücklich. So froh, dass ich singen und tanzen will. Komm zu allen, die an dich glauben. Mache uns stark und verlasse uns nicht. Hilf uns, Sinn und ein Ziel im Leben zu finden. Zeig uns die Stelle, wo wir Kraft und Mut schöpfen können. (nach Psalm 28)

Das rechte Leben (Märchen aus Eritrea)

Einen Weisen fragten einmal seine Schüler »Du stehst nun schon so lange vor diesem Fluss und schaust ins Wasser. Was siehst du denn da?« Der Weise gab lange keine Antwort. Er wandte den Blick nicht ab von dem unablässig strömenden Wasser. Endlich sprach er: »Das Wasser lehrt uns, wie wir leben sollen. Wohin es fließt, bringt es Leben und teilt sich aus an alle, die seiner bedürfen.

Es ist gütig und freigiebig. Die Unebenheiten des Geländes versteht es auszugleichen. Es ist mutig und stürzt über Felsen. Es ist verträglich. Aber seine sanfte Kraft ist Tag und Nacht am Werk, das Hindernis zu beseitigen. Es ist ausdauernd. Wie viele Windungen es auch auf sich nehmen muss, niemals verliert es die Richtung zu seinem Ziel, dem Meer, aus dem Auge. Es ist zielbewusst. Und so oft es auch verunreinigt wird, bemüht es sich doch unablässig, sich wieder zu erneuern, Das alles«, sagte der Weise, »ist es, warum ich auf das Wasser schaue. Es lehrt mich das rechte Leben.«

Quelle: Guido Erbrich: Auf der Suche nach Gott: Das neue Jugendgebetbuch, St. Benno Verlag 2013, S. 37ff.

 

Mit Gott sprechen (Chassidische Geschichte)

Ein Bauer war eines Abends mit seinem Karren auf dem Weg nach Hause. Da merkte er, dass er sein Gebetbuch zu Hause vergessen hatte. Zu allem Unglück brach mitten im Wald ein Rad seines Wagens, und betrübt stellte er fest, dass dieser Tag nun vergehen würde, ohne dass er sein Nachtgebet verrichtet hätte.
Also begann er zu beten: »Herr, ich habe etwas sehr Dummes getan. Heute früh bin ich ohne mein Gebetbuch von zu Hause fortgegangen. Und ich habe ein so schlechtes Gedächtnis, dass ich kein einziges Gebet auswendig sprechen kann. Deshalb werde ich fünfmal langsam das gesamte Alphabet aufsagen, und du, der du ja alle Gebete kennst, kannst dir all die Buchstaben nehmen und dir daraus die Gebete machen, an die ich mich nicht erinnern kann.« Und so geschah es, der Bauer sagte fünfmal das Alphabet auf, und am Abend sagt Gott, der dies gehört hatte, zu seinen Engeln: »Zweifellos ist dies das schönste und beste Gebet, das ich heute gehört habe, weil es aus einem ehrlichen und einfachen Herzen zu mir gesprochen wurde.«

Wie mit Dir sprechen?

Wie dürfen wir mit dir sprechen? Sollen wir die alten Formeln benutzen, Texte, seit Jahrhunderten in Gebetbüchern gedruckt? Sollen wir mit Worten von Heiligen und Dichtern reden oder die heiligen Schriften zitieren? Vielleicht verstehst du ja Latein viel besser? Oder dürfen wir auch mit den Worten kommen, die sagen, was unter unsern Nägeln brennt, die nicht immer ganz druckreif sind, die »auskotzen« auch sagen, wenn sie es meinen, und »cool«, wenn sie es so finden? Die mal hip sind und mal down und niemandem was vormachen wollen. Fromme Worte, die versuchen, ehrlich zu sein, mit dir und mit uns.

Lange nicht mehr gebetet

Lieber Gott!
Ich habe lange nicht mehr gebetet, denn ich hielt es für Aberglauben oder Kinderkram. Ich weiß auch nicht, warum ich es jetzt gerade tue, und auch nicht, ob es überhaupt richtig ist, dass ich bete und wie ich bete. Ich habe so viel auf dem Herzen und möchte es niemandem sagen außer dir. Du kennst mich vielleicht besser als ich mich selbst. Oft denke ich, dass keiner mich richtig versteht.

Und manchmal bin ich mir selbst ein Rätsel. Lieber Gott, kannst du mir nicht einen Weg zeigen? Einen Weg, der mich zu dir und zu mir selber führt. Kannst du mir nicht immer wieder den Mund öffnen, damit ich mich getraue, mit dir zu sprechen, ehrlich und frei. Kannst du mir nicht Mut machen, so zu sein, wie ich wirklich sein möchte. Wer, wenn nicht du, sollte mich verstehen?

Lehre mich beten

Vater, ich rede im Gebet viel von mir und höre dir nicht zu. Ungeduldig warte ich auf die Erfüllung meiner Wünsche und habe keine Augen für all das, was du mir an Gaben geschenkt hast.

Hast du nicht ein Netz für meine Gebete, Vater? Ein Netz, in dem alle Bitten und Wünsche hängen bleiben, die eigennützig sind oder mit ein wenig Anstrengung auch von mir selbst erfüllt werden könnten.

Lass dieses Netz bitte durchlässig sein für all die Ängste und Nöte, wo ich dich wirklich brauche, wo ich es nicht mehr aushalte, wo ich anderen helfen will und nicht weiß wie, dann mach es durchlässig für mich und für andere.

Lass nicht zu, dass ich dich nur als Wunschzettelempfänger missbrauche. Wenn ich für die Hungernden bete, schenke mir die Bereitschaft, mit ihnen zu teilen. Wenn ich für Kranke bete, lass mich Zeit finden, mich an ihr Bett zu setzen. Wenn ich für den Frieden bete, nimm von mir Zorn und Hass.

Könnten meine Gebete nicht ein Fahrstuhl sein, der mich zu dir emporträgt, der alle finsteren Gedanken, alle Bosheit und alles Falsche zurücklässt und mich dort ankommen lässt, wo ich die verändernde Kraft der Liebe selbst sein kann?

Dann werden meine Gebete zu einer Umarmung, die dich umfängt und dir ein Dankeschön entgegenschmettert, das sich gewaschen hat. Dann werde ich die Welt nicht nur durch meine Brille sehen, sondern mit neuen Augen deine Schöpfung schauen.

Dann werde ich merken, dass du mir so vieles geschenkt hast, dass ich damit beginnen kann, diese Welt ein wenig besser zu machen, als sie ist. Ich brauche nur den Schlüssel, der dieses Tor öffnet.

Lass mich diesen Schlüssel finden. Dass ich beim Beten nicht nur dich, sondern auch mich fordere. Und mich in deiner Hand geborgen weiß. Mit diesem Schlüssel kann ich das Tor dann mit dir öffnen. Und warte nicht, damit wir anfangen können!

Tipps, wie du beten kannst

Teile Gott dein Leben mit. Deine Ängste, deine Hoffnung, deine Wünsche. Frage an und zweifle. Zeige dich, wie du bist. Gott kennt dich, du musst ihm nichts vormachen.

Beten ist Stille. Du brauchst keine Angst vor ihr zu haben. Schweige einfach – denn gerade in der Stille kannst du Gott oft einfacher finden, als du denkst, und dabei zu dir selbst kommen.

Beten ist Rhythmus. Versuche regelmäßig zu beten. Das kannst du überall, zu jeder Zeit.

Beten ist Wiederholung. Dir muss nicht jeden Tag etwas Neues einfallen. Gebet braucht keinen Leistungsdruck. Wenn dir ein Gebet gefällt, nimm es dir öfter vor oder bete bekannte Gebete. Es ist oft überraschend, wieviel sich darin entdecken lässt.

Beten ist Gemeinschaft. Auch wenn du ganz allein auf einem Felsen betest. Zur gleichen Zeit beten unzählige Menschen auf der ganzen Welt. Habe auch Mut, mit Freunden gemeinsam zu beten. Beten verbindet und schafft Vertrauen.

Gebetsseufzer (Chassidische Geschichte)

Zum Rabbi Isaak kam eines Tages ein Schuster und fragte: »Rabbi, sage mir, wie ich mein Morgengebet verrichten soll. Meine Kunden sind arm. Sie besitzen nur ein paar Schuhe, und so bringen sie sie am Abend, und ich arbeite die ganze Nacht, bis sie zur Arbeit gehen. Deshalb sage mir, wie soll ich denn mein Morgengebet verrichten?«

»Wie hast du es denn bisher gemacht?«, fragte Rabbi Isaak. »Nun, manchmal bete ich gar nicht. Da fühle ich mich nicht wohl und mir fehlt etwas. Wenn ich dann die Schuhe flicke, höre ich mich seufzen: Wie unglücklich bin ich, dass ich nicht einmal mein Morgengebet verrichten kann.« Der Rabbi strich sich den Bart und sagte: »Mein Lieber, wenn ich Gott wäre, würde mir dein ehrlicher Seufzer mehr wert sein als das Gebet.«

Quelle: Guido Erbrich: Zum Beispiel Wir: Das neue Jugendgebetbuch, St. Benno Verlag 2013, S. 11ff.

Psalmen und Gebete – wie mit Gott reden?

Beten ist mehr als ein paar Worte aufsagen. Manchmal ist Beten schweigen, manchmal ist es wie ein Gespräch mit einem guten Freund, dem ich alles sagen kann. Gott gegenüber brauche ich mich nicht zu verstellen. Er kennt mich, versteht mich und ist ein kritischer Begleiter. Aber nicht immer fallen mir die richtigen Worte ein. Da kann ich dankbar sein, dass es geschriebene Gebete gibt. Die Psalmen zum Beispiel sind regelrechte Gebetshits. Und das schon seit fast 3000 Jahren.

In der Bibel gibt es ein ganzes Buch mit Psalmen. Genau 150 sind darin aufgeschrieben. Oft wird König David als Verfasser genannt, aber so sicher ist das nicht. »Psalm« ist hebräisch und heißt eigentlich »Lied«. In diesen Liedern, die zu den schönsten Gebeten der Welt gehören, wird in einer sehr deutlichen Sprache zu Gott gesprochen. Der ganze Lebensweg wird in den Psalmen vor Gott gebracht. Von Angst und Furcht ist ebenso die Rede wie von Mut und Stärke. Von Hass und Neid wird gesungen und von Liebe und Freude. Es gibt Psalmen, die Gott loben, und es gibt Psalmen, die Gott anklagen und fragen, warum er so viel Leid auf der Welt zulässt.

Im Stundengebet, das viele Menschen rund um den Globus Tag für Tag beten, stehen viele Psalmen. So wurden und werden die Psalmen durch alle Zeiten hindurch von Milliarden von Menschen gebetet. Wahrscheinlich, weil diese Gebete sehr ehrlich mit Gott sind, in dem sie von allen Erfahrungen sprechen, die ein Mensch im Leben machen kann.

Albino Luciani, der spätere Papst Johannes Paul I. sagte über das Beten: »Beten bedeutet mit dem Herrn sprechen, nicht nur über den Himmel oder über die Seele, sondern mit Jesus über alles plaudern, wie man es mit einem Freund tut. Man kann mit ihm reden über den Vater oder über die Mutter, von der Arbeit oder vom Spiel. Er ist uns nicht fern, sondern ganz nahe. Er hört uns zu und ist sehr froh, wenn wir mit ihm sprechen. Man betet nicht nur in der Kirche, sondern überall und immer. Wir können uns einen Augenblick konzentrieren, um Jesus zu grüßen, ihm zu danken oder ihn um Verzeihung zu bitten, ohne dass irgendjemand es merkt.«

Quelle: Guido Erbrich: Auf der Suche nach Gott: Das neue Jugendgebetbuch, St. Benno Verlag 2013, S. 36.